Moosweide

Blitzkralles Schnurrhaare zuckten überrascht. Wellenlied schien ihre Haltung gut bewahren zu können. Der junge Kater war beeindruckt. Trotzdem: Er hatte ihre steife Haltung bemerkt und vermutete, dass sie ihre Gefühle wohl vorerst unterdrückte. Wie gerne wäre er doch bei einem Gespräch zwischen der Heilerin und der zweiten Anführerin dabei. Für ihn war das alles nur ein Spiel. Ein Spiel, bei dem Wolkenkranz die Regeln aufstellte und er sie perfekt beherrschte. Vielleicht lag es am Blut oder daran, dass er sein ganzes Leben unter der kalten Mutter verbracht hatte. Doch wie sollte er es anders nehmen, als mit Humor?

Im Territorium führte ihn Wellenlied auf die Moosweide. Sie machte ihm nicht den Anschein, als würde sie neue Kräuter suchen, sondern gezielt auf eine bestimmte Stelle zusteuern. Er hatte wenig Ahnung von Kräutern und war auch nicht daran interessiert mehr über sie in Erfahrung zu bringen. Darum konzentrierte er sich auch auf die Geräusche um ihn herum. Viel war zwar nicht zu hören und wirklich konzentrieren konnte er sich auch nicht. Zu schnell eilte Wellenlied voran.
Warum hat sie es so eilig? Hat sie denn keinen Hunger?, fragte sich Blitzkralle und unterdrückte ein enttäuschtes Seufzen. Würde er an diesem Tag denn irgendwann Ruhe finden?
Als Wellenlied ihm dann damit beauftragte die Kräuter zu tragen, rümpfte er unzufrieden die Nase. Dazu hatte er keine Lust! „Muss das denn sein? Ich würde jetzt viel lieber jagen!“, nörgelte er. Es gehörte doch nicht zu seinen Aufgaben als Krieger, Kräuter zu schleppen. Das hatte er tun müssen, wenn er als Schüler bestraft wurde. Wie nervig und überflüssig.
„Nimm doch nur soviel mit, wie du tragen kannst. Und währenddem du hier buddelst, jage ich uns etwas. Ok?“
Sehnsüchtig sah er sich um und erhoffte sich eine Maus oder ein anderes Tier zu entdecken, das er jagen konnte. Somit hätte er einen Grund sich vor der aufgetragenen Arbeit drücken zu können. Doch gerade jetzt, wollte einfach kein Beutetier auftauchen. Natürlich war ihm kein Glück gegönnt ...

Seine Mutter hatte ihm wie bitte was aufgetragen? Nun ... jetzt war der junge Kater verwirrt und beleidigt zugleich. So konnte man Wolkenkranz’ Wörter natürlich auch umformulieren. Die Beleidung der Weißen, die an die Heilerin gerichtet gewesen war, richtete sich jetzt gegen ihn. Kräuter schleppen und die Betonung auf „deine Mutter“, … als sei er noch ein Schüler. Wellenlied hatte keinen Grund so mit ihm zu reden. Immerhin war er ein Krieger und tat ihr grad einen Gefallen! Tse! Arrogant zog er eine Augenbraue hoch und sah herablassend auf die Kräuter.
Er wusste was ihn erwartete, wenn er ohne Beute zurück ins Lager kam. Wolkenkranz würde ihm das Fell über die Ohren ziehen! Aber das war Wellenlied natürlich vollkommen egal.
Abweisend saß er nun da, während sein Schwanz ungeduldig hin und her schlug. Er wartete genervt darauf, dass die Heilerin endlich fertig war. Er hoffte darauf, noch vor Wolkenkranz das Lager zu erreichen, die Kräuter los zu werden und nochmal jagen gehen zu können. Aber wen sollte er dann mitnehmen?

Als Wellenlied dann endlich fertig war und ihn anfunkelte, funkelte er sie mindestens genauso miesgelaunt zurück. Dann fiel ihm auf, dass die Heilerin nicht zurück zum Lager lief, sondern zum Teich marschierte. „Man!“, beschwerte sich Blitzkralle innerlich, „Nie wieder werde ich für Wellenlied den Aufpasser spielen!“
Grimmig folgte er der Heilerin. Seine Stimmung war von verständnisvoll und fürsorglich, schlagartig zu widerspenstig und genervt umgeschlagen. Das war halt seine Art. Genauso schnell konnte sie aber auch wieder zurückspringen. Je nachdem, wie sich der Tag noch entwickelte.